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Bonifatius-Zentrum für Spracherwerb und Integration: Bildung ist ein Menschenrecht

Logo Neue Nachbarn klPaderborn. 27 Jahre lang hat Gerlinde Otte als Leiterin des Paderborner Bonifatius-Zentrums Integration aus nächster Nähe erlebt. Jetzt geht sie in den Ruhestand. Ihre Nachfolgerin ist Andrea Krampe. 1988 wollte Gerlinde Otte nach der Elternpause zurück in den Schuldienst. Als sie sich in der Bonifatius-Hauptschule vorstellte, fragte der Schulleiter, ob sie etwas gegen Ausländer habe? Gerlinde Otte verneinte: „Warum auch, ich kannte ja keinen Ausländer.“ Sie wurde eingestellt, allerdings nicht für eine Lehrerstelle in der Hauptschule in der Stadtheide, sondern für die damalige Bonifatius-Dependance am Löffelmannweg. Dort befanden sich die Klassen für junge Spätaussiedler und Ausländer.

27 Jahre lang hat Gerlinde Otte Menschen unterrichtet, die sich vor immer wieder neuen „Kriegswellen“ und „Nicht-Demokratie-Wellen“ nach Deutschland gerettet haben. Aus 42 Nationen setzt sich die aktuelle, etwa 270 Köpfe zählende Schülerschaft des Bonifatius-Zentrums für Spracherwerb und Integration zusammen. Sie alle haben einen „größten gemeinsamen Nenner“, sagt die Mathe-Lehrerin: „Sie wollen etwas lernen.“ Sie ist sich sicher, dass kaum eine andere Schule so viel motivierte Schüler hat. „Bildung ist ein Menschenrecht“, betont Gerlinde Otte. „Es darf nicht sein, dass man jungen Flüchtlingen keine Möglichkeiten auf Bildung und Ausbildung bietet“, sagt sie mit Nachdruck: „Das regt mich wirklich auf.“ Dabei weiß sie, dass Bildung, vor allem Spracherwerb für Flüchtlinge, auch eine politische Frage ist. „Es ist nicht gewollt, dass sich die Menschen bei uns wohlfühlen und bleiben wollen“, sagt Gerlinde Otte über das deutsche Asylrecht – auch wenn sie zugibt, dass sich das in der jüngsten Vergangenheit etwas verändert hat.

1988 konnte Gerlinde Otte nicht ahnen, welche Aufgaben auf sie zukommen würden. „Ich konnte die Schüler kaum auseinanderhalten. Die sahen für mich alle gleich aus“, erinnert sie sich an ihre ersten Wochen im Bonifatius-Zentrum. Gerlinde Otte arbeitete sich schnell ein. Ab 2002 gehörte sie zum Schulleitungsteam, 2005 wurde sie Leiterin des Bonifatius-Zentrums. Seitdem ist die Schule weiter gewachsen und 1996 vom Löffelmannweg in die aufgegebene Bonifatius-Hauptschule gezogen. An dem Standort am Bonifatiusweg sind moderne Schulgebäude entstanden. Mittlerweile wird in 16 Klassen unterrichtet, davon sind neun Klassen reine Auffangklassen für den allerersten Spracherwerb. Die Schüler sind zwischen zehn und sechzehn Jahre alt, manchmal auch älter. Gerlinde Otte ist überzeugt, dass sie es schaffen können. „Wer drei bis vier Jahre bei uns war, kann einen Beruf erlernen“, sagt sie, „je jünger die Kinder sind, desto eher verlassen sie uns in eine Regelschule.“

Als Kind hat Gerlinde Otte erlebt, was es heißt, fremd zu sein. Das Mädchen aus Störmede ging im weit entfernten Siegen aufs Lyzeum. Das Antonianum im nahen Geseke durften damals nur Jungen besuchen. Gerlinde Otte hielt durch und ist vielleicht auch wegen dieser Erfahrung eine so engagierte und sensible Lehrerin geworden. Die Frage „Warum bist du gekommen?“ stellt sie ihren Schülern nie. „Ich will das nicht wissen“, sagt Gerlinde Otte, „weil meine Schüler auch so für mich willkommen sind.“

Das Bonifatius-Zentrum für Spracherwerb und Integration ist eine Abteilung der Hauptschule Mastbruch und fördert seit 55 Jahren die Integration von jungen Ausländern. Der Unterricht ist auf die Bedürfnisse von Sprachanfängern abgestellt. Die Schüler können am Bonifatius-Zentrum den Hauptschulabschluss oder die Fachoberschulreife erwerben. 50 Schüler wechseln dieses Jahr auf ein Berufskolleg. Die Schule ist eine einmalige Institution in Westfalen. Besucht wird sie nicht nur von Paderborner Jugendlichen, sondern auch von Schülern aus dem Kreis. Die Gemeinden übernehmen anders als früher in der Regel die Fahrtkosten. Zudem gibt es eine enge Zusammenarbeit mit dem Paderborner Jugendwohnheim am Seskerbruch, in dem unbegleitete Jugendliche untergebracht sind.

2016 07 02 Gerlinde Otte 2 Neue Nachbarn kl Gerlinde Otte im Klassenzimmer.
Etwas regt sie wirklich auf: „Wenn man jungen Flüchtlingen keine Möglichkeiten auf Bildung und Ausbildung bietet.“
Foto: Flüter
2015 07 02 Gerlinde Otte Neue Nachbarn 3 kl Gerlinde Otte im Kreis ihrer Schüler aus der Auffangklasse Jahre 8 – 10, in der sie Co-Lehrerin ist.
Foto: Flüter




 

 




 

 

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